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Schwimmen: Sicher ist sicher

Bereits steht wieder die Badesaison vor der Tür – Schwimmbäder, aber auch Flüsse und Seen laden zum Baden, Schwimmen, Bööteln, Stand-up-Paddeln und anderen Wassersportarten ein. Die Schattenseiten: Das Unfall- und auch das Ertrinkungsrisiko steigt.

Bild: © LOGVINYUK YULIIA/shutterstock.com

«Das Jahr 2022 war ein richtig toller Badesommer», sagt Reto Abächerli, Geschäftsführer Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft (SRLG). Doch so richtig freuen mag er sich nicht, denn die vermehrt heissen und trockenen Sommer – die Folgen des Klimawandels – zeigen klar, dass gleichzeitig auch die Anzahl der Ertrinkungsunfälle steigt. Vor allem bei Jugendlichen und älteren Erwachsenen über 65 Jahren gebe es mehr tödliche Ertrinkungsunfälle – insbesondere beim Wassersport in offenen Gewässern. Und da bei gutem Wetter mehr Menschen in offenen Gewässern unterwegs sind, seien auch die Unfallzahlen entsprechend hoch. Reto Abächerli rät deshalb, beim Schwimmen und Bööteln immer eine Auftriebshilfe mitzunehmen: «Eine Schwimmboje oder eine Rettungsweste sollte so selbstverständlich werden wie der Skihelm beim Skifahren», ist er überzeugt, doch beim Bootsfahren beispielsweise betrage die Tragquote von Rettungswesten erst ungefähr 14 Prozent. Erfreulicher sei die Entwicklung bei Kindern unter zehn Jahren und in Hallenbädern: «Dort ist die Anzahl tödlicher Ertrinkungsunfälle pro Jahr glücklicherweise rückläufig.»

Ertrinkungsrate senken

Im Zehnjahresschnitt ertrinken 46 Menschen in der Schweiz – dies hauptsächlich beim Baden und Schwimmen sowie bei Bootfahren. Doch auch in anderen Lebensbereichen kann man ertrinken – da, wo der Aufenthalt im Wasser nicht geplant war. «Immer wieder ereignen sich tödliche Ertrinkungsunfälle, z. B. wenn Kinder beim Spielen ins Wasser fallen oder auch bei Verkehrsunfällen, bei denen Fahrzeuge ins Wasser geraten und die Insassen ertrinken», erklärt der Experte. Bei den Verunfallten seien die überwiegende Mehrheit Männer, was auf ihr höheres Risikoverhalten zurückzuführen ist. Das Unfallausmass nehme aber bei den 15- bis 29-Jährigen gegenüber den Jüngeren sprunghaft zu, also da, wo die direkte Einflussnahme von Aufsichtspersonen abnimmt. Gleichzeitig ist eine Zunahme der Risikobereitschaft, insbesondere bei jüngeren Männern, festzustellen. Ab 30 Jahren liege das Unfallausmass, abgesehen von leichten Schwankungen, auf einem stabilen Niveau und bleibe bis ins hohe Alter bedeutend. «Das Ziel von BFU (Beratungsstelle für Unfallverhütung) und SLRG ist es deshalb, die Ertrinkungsrate in der Schweiz im Fünfjahresdurchschnitt bis 2027 von heute 0,6 pro 100 000 Einwohner auf 0,5 zu senken», sagt Reto Abächerli. «Das klingt zwar unspektakulär, ist jedoch ambitioniert, denn wir sehen uns aktuell mit einer tendenziell zunehmenden Risikoexposition konfrontiert, weil sich immer mehr Menschen in irgendeiner Form am, im und auf dem Wasser bewegen.» Gleichzeitig nehme der Anteil aufgrund von Migrationsbewegungen von Personen zu, die die spezifischen Gefahren der Schweizer Gewässer nicht kennen und zudem häufig über vergleichsweise tiefe Schwimm- und Wassersicherheitskompetenzen verfügen. «In den letzten zehn Jahren gab es viele Anstrengungen, um die Ertrinkungsrate zu senken, beispielsweise hat sich der Wasser-Sicherheits-Check WSC nach seiner Initiierung durch die BFU und Swimsports.ch im Jahr 2008 mittlerweile in der ganzen Schweiz etabliert», erklärt Reto Abächerli weiter. «In einigen kantonalen Lehrplänen ist der WSC heute sogar obligatorisch.» Gleiches gilt für das Water-Safety-Kartenset, das in der Aus- und Weiterbildung bei Jugend und Sport J+S und bei der SLRG systematisch eingesetzt wird. Mit der Offensive «oben bleiben» setzen sich BFU und SLRG zudem gemeinsam ein für das Mitführen von Auftriebshilfen beim Schwimmen und Baden sowie beim Bootfahren in offenen Gewässern.

Ertrinken ist vermeidbar

Ertrinken wird nicht als Zustand, sondern als Prozess verstanden, den es so früh wie möglich zu unterbrechen und zu beenden gilt. Verdeutlicht wird dies durch das von führenden Wissenschaftlern entwickelte Handlungsmodell «Ertrinken verhindern». Es zeigt auf, wie es gar nicht zum Ertrinkungsprozess kommen muss oder wie dieser unterbrochen und beendet werden kann. Je früher die Intervention, desto besser die Erfolgsaussichten. Und: Je später die Intervention, desto grösser das Eigenrisiko des Retters oder der Retterin.

Ertrinken vorbeugen: Ertrinken verhindern beginnt schon zu Hause. Zur richtigen Vorbereitung eines Ausflugs ans, ins oder aufs Wasser gehört die vorgängige Informationsbeschaffung über das Gewässer und dessen Tücken, die Eruierung von sicheren Einstiegs- und Ausstiegsmöglichkeiten sowie das Bereitmachen von Auftriebsmitteln sowie Rettungsmitteln (Schwimmwesten, Restube etc.). Wichtig auch, sein eigenes Können richtig einzuschätzen und sich jeweils die Frage stellen: «Kann ich gut genug schwimmen für mein Vorhaben?»

Notlage erkennen: Beim Aufenthalt am, im und auf dem Wasser aufmerksam bleiben. Nicht immer zeigt sich die Notlage einer Person durch lautes Schreien. Ertrinken geschieht meist lautlos, darum auf seine Mitmenschen achten. Wird eine Notlage ausgemacht, sollte unbedingt sofort alarmiert werden, bevor etwaige Rettungsversuche unternommen werden. Am besten in der Nähe befindliche Personen auf den Notfall aufmerksam machen, welche sodann weiter alarmieren können. Je früher alarmiert wird, umso früher ist die professionelle Hilfe vor Ort.

Auftriebsmittel verschaffen: Wird eine Person in Not ausgemacht, ist der Grundsatz «Retten mit geringstem Risiko» wichtig. Beim Retten besteht das Risiko darin, dass eine in Not geratene Person einen Retter packt und sich so über Wasser halten will. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, nähert sich der Rettungsschwimmer einer in Not geratenen Person nur so weit, dass sie ihn nicht packen kann. Die sicherste Rettung ist diejenige, bei der sich der Retter nicht ins Wasser begeben muss! Manchmal hilft schon das werfen, reichen oder in die Nähe bringen eines Auftriebsmittels wie eines Rettungsrings, einer «Baywatch-Boje» oder eines Rettungswürfels. Notfalls sind auch leere PET-Flaschen, ein Ast oder sonstige schwimmende Objekte zweckdienlich. Dies dient zur Sicherheit der zu rettenden Person wie auch der Rettenden.

Aus dem Wasser bringen: Das Ziel ist immer, eine Person in Not so schnell wie möglich aus dem Wasser und in Sicherheit zu bringen. Erst an Land können allfällig weiter notwendige Schritte eingeleitet werden. Dabei ist jedoch immer die eigene Sicherheit abzuwägen.

Erste Hilfe leisten: An Land kann sodann mit den Massnahmen der Ersten Hilfe begonnen werden. Im Idealfall sind die alarmierten Rettungskräfte (von Punkt 2) bereits vor Ort und können übernehmen.

Quelle: SRLG