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Mutterschaft, das müssen Sie wissen

Wenn eine erwerbstätige Frau Mutter wird, kommen verschiedene Fragen und Schwierigkeiten auf sie zu. Auch für den Arbeitgeber sind damit sofortige und künftige Änderungen verbunden. Er muss zudem die Bestimmungen zum Schutz der Gesundheit von schwangeren oder stillenden Arbeitnehmerinnen beachten. Ein neues, kostenloses Instrument auf dem Internet – mamagenda.ch – hilft werdenden Müttern und ihren Arbeitgebern, diese Zeit am Arbeitsplatz gut zu organisieren.

Bild: © Monkey Business Images/shutterstock.com

Bereits die Ankündigung der Schwangerschaft am Arbeitsplatz kann für Kopfzerbrechen sorgen. Wann und wie informiere ich den Arbeitgeber am besten? Wie reagiere ich als Arbeitgeber auf eine solche Nachricht? Wie kann ich mich auf Fragen vorbereiten, die sich stellen werden? Wann soll darüber gesprochen werden, in welcher Zeit die Frau abwesend sein wird und wann sie wieder an den Arbeitsplatz zurückkehrt?
Weil in diesem Bereich nicht immer alles problemlos abläuft, existiert nun ein Instrument, das die Begleitung einer Mutterschaft am Arbeitsplatz vereinfacht. Die Website steht allen Interessierten kostenlos auf Deutsch und Französisch unter folgender Adresse zur Verfügung: www.mamagenda.ch.

Elektronische Agenda für Arbeitgeber und werdende Mütter

Das Kernstück von mamagenda.ch bildet eine elektronische Agenda. Die Arbeitnehmerin und ihre Vorgesetzte oder ihr Vorgesetzter registrieren sich und benutzen die Agenda dann gemeinsam. Der Grundgedanke von mamagenda.ch besteht darin, dass eine Frau am ehesten zu guten Beziehungen am Arbeitsplatz auch während einer Schwangerschaft beitragen kann, wenn sie rechtzeitig das Gespräch sucht und alle Fragen in einem angenehmen Klima weder zu früh noch zu spät besprochen werden.

  • mamagenda.ch unterstützt den Arbeitgeber dabei, gegenüber der Arbeitnehmerin von Anfang an ein wohlwollendes und angenehmes Klima zu schaffen und vom Beginn der Schwangerschaft bis zur Rückkehr an den Arbeitsplatz regelmässig mit ihr in Kontakt zu bleiben. Spezielle Instrumente helfen ihm, allfällige heikle Situationen zu erkennen und richtig darauf zu reagieren. Der Arbeitgeber findet in der mamagenda.ch ausserdem Informationen zu verschiedenen Arbeitsmodellen, die es der Arbeitnehmerin und ihrem Partner ermöglichen, nach der Geburt des Kindes weiterzuarbeiten, sowie Formulare und Checklisten.
  • mamagenda.ch lädt die Arbeitnehmerin ein, sich über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie Gedanken zu machen. Anhand von Merkblättern kann die Arbeitnehmerin diese Fragen und Entscheidungen mit ihrem Partner zu Hause diskutieren. Die Merkblätter kann sie selber drucken, oder der Arbeitgeber kann sie zu vorgegebenen Zeitpunkten an die werdende Mutter abgeben.

Gesetzliche Bestimmungen auf einen Blick

Wenn eine erwerbstätige Frau Mutter wird, gelten für sie am Arbeitsplatz besondere Bestimmungen. Diese treten in Kraft, sobald der Arbeitgeber über die Schwangerschaft informiert ist, und dauern bis in die Stillzeit nach der Rückkehr der Arbeitnehmerin an den Arbeitsplatz. Gewisse Bestimmungen kommen sofort zur Anwendung, andere später in der Schwangerschaft (siehe Kasten).
Die erwerbstätige Frau kann mit mamagenda.ch in Erfahrung bringen, ab wann eine bestimmte Schutzbestimmung für sie gilt. Für den Arbeitgeber ist die Agenda besonders nützlich, um den Überblick zu behalten und die verschiedenen Etappen zum richtigen Zeitpunkt anzusprechen, wenn bei ihm mehrere werdende Mütter in unterschiedlichen Schwangerschaftsabschnitten angestellt sind.
Auch die Dauer des Mutterschaftsurlaubs kann unterschiedlich sein: Es kommt häufig vor, dass eine Frau ihren Mutterschaftsurlaub verlängern möchte, indem sie ausstehende Ferien oder unbezahlten Urlaub bezieht. Für das Unternehmen ist das nicht einfach.

Rechte, aber auch Pflichten

Frauen haben aufgrund ihrer Schwangerschaft zusätzliche Rechte. Gleichzeitig haben sie aber gegenüber ihrem Arbeitgeber auch Pflichten. Beide Seiten haben Erwartungen an die Gegenseite. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber kann durch die Schwangerschaft auf die Probe gestellt werden, da diese Zeit für alle Beteiligten Unerwartetes mit sich bringt. Die Agenda mamagenda.ch gibt sowohl den Arbeitnehmerinnen als auch den Arbeitgebern zahlreiche Ratschläge. Diese sind in Form von Merkblättern erhältlich und können auch von Interessierten konsultiert oder gedruckt werden, die nicht als Nutzer registriert sind.

Bezahlter Mutterschaftsurlaub

Allgemein haben alle Frauen, die in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben, auch die Grenzgängerinnen, Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen (oder 98 Tagen), der durch die Erwerbsersatzordnung (EO) bezahlt wird. Für die Mutterschaftsentschädigung in der Zeit nach der Geburt kommt die gesamtschweizerische obligatorische Versicherung auf, nicht der Arbeitgeber.

Weder das Pensum noch die Regelmässigkeit sind für die Mindestdauer der Erwerbstätigkeit entscheidend. Ob die Arbeit nach dem Mutterschaftsurlaub wieder aufgenommen wird, hat ebenfalls keinen Einfluss. Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung haben alle Frauen, die während der neun Monate unmittelbar vor der Niederkunft bei der AHV versichert waren und die mindestens fünf der neun Monate vor der Geburt erwerbstätig waren.

Die Leistungen werden in Form von Taggeldern ausbezahlt. Dieses beträgt 80 % des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, welches vor Beginn des Entschädigungsanspruchs erzielt wurde. Die Entschädigung beträgt höchstens 196 Franken pro Tag oder CHF 5880 im Monat (seit 1.1.2009). Dieses maximale Taggeld wird mit einem Einkommen ab CHF 7350 erzielt.

Schutz am Arbeitsplatz

Das Arbeitsgesetz schützt Frauen, die schwanger sind oder stillen. Die Arbeitgeber müssen auf die Bedürfnisse der Frauen in dieser Zeit Rücksicht nehmen. Sie müssen ausserdem abklären, ob die Arbeit der betroffenen Frauen zu irgend einem Zeitpunkt gefährlich oder beschwerlich ist.

  • Keine Überstunden: Schwangere Frauen und stillende Mütter dürfen nur für die vertraglich vereinbarte Zeit beschäftigt werden, höchstens jedoch neun Stunden am Tag. Überstunden sind nicht erlaubt.
  • Arbeitsplatz verlassen jederzeit möglich: In der Schwangerschaft und während der Stillzeit dürfen Mütter den Arbeitsplatz jederzeit ohne ärztliches Zeugnis verlassen. Es genügt, wenn sie dies ihrem Vorgesetzen oder ihrer Vorgesetzen mitteilen.
  • Nur sehr beschränkt stehen: Schwangere Frauen, die hauptsächlich stehend arbeiten, dürfen ab dem vierten Schwangerschaftsmonat alle zwei Stunden eine zusätzliche Pause von 10 Minuten einlegen. Die Ruhezeit beträgt mindestens 12 Stunden. Ab dem sechsten Schwangerschaftsmonat dürfen Schwangere höchstens vier Stunden pro Tag stehend arbeiten. Schwangere Frauen dürfen ab der achten Woche vor der Niederkunft (d.h. ab etwa dem 7. Monat) nach 20 Uhr nicht mehr arbeiten. Sie können somit von diesem Zeitpunkt an weder Abend- noch Nachtschicht leisten.
  • Die Arbeitgeber müssen den betroffenen Frauen in den obigen Fällen eine gleichwertige sitzende Arbeit bzw. Tagesarbeit (zwischen 6 und 20 Uhr) anbieten. Können sie dies nicht, dürfen die Arbeitnehmerinnen zu Hause bleiben, und die Arbeitgeber müssen ihnen dennoch 80 Prozent des Lohnes bezahlen. Die für das Stillen benötigte Zeit wird seit dem 1. Juni 2014 wie folgt als bezahlte Arbeitszeit angerechnet:
    • bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden: mindestens 30 Minuten;
    • bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden: mindestens 60 Minuten;
    • bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden: mindestens 90 Minuten.

Der Arbeitgeber kann selbstverständlich seinen stillenden Angestellten auch mehr als die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzeit vergüten.
Wie das Stillen am Arbeitsplatz organisiert wird, hängt von den physiologischen Bedürfnissen des Kindes oder der Mutter ab, wenn diese die Milch abpumpt. Wenn eine Frau ihren Arbeitstag verkürzen will (indem sie später beginnt oder früher aufhört), muss sie das im Voraus mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren.

info:

  • Die digitale Agenda zur Begleitung der Mutterschaft am Arbeitsplatz steht kostenlos unter www.mamagenda.ch zur Verfügung.
  • Travail.Suisse, die unabhängige Dachorganisation der Arbeitnehmenden, hat eine Broschüre mit dem Titel «Erwerbstätig und schwanger – Ihre Rechte am Arbeitsplatz» herausgegeben. Diese Broschüre enthält alle wesentlichen Bestimmungen für die Zeit der Schwangerschaft und die Zeit nach der Geburt. Diese Broschüre ist in deutscher, französischer, italienischer und englischer Sprache erhältlich. Ein Exemplar kostet CHF 4.50 (Mengenrabatt möglich).
  • Auf der Internetseite www.infomutterschaft.ch kann das Handbuch «InfoMutterschaft … um Mutterschaft und Erwerbsarbeit in Einklang zu bringen» eingesehen werden. Es richtet sich an Fachpersonen, die Arbeitnehmerinnen begleiten und beraten, und informiert detailliert über die Bestimmungen (mit Verweis auf die entsprechenden Gesetze), die für erwerbstätige oder arbeitslose Frauen, die ein Kind erwarten, in der Zeit vor und nach der Geburt gelten. Zur Sprache kommen die Themen Schwangerschaft (Gesundheit, Absenzen, Versicherungen, prekäre Arbeitsverhältnisse, Entlassung usw.), Mutterschaftsurlaub und Wiedereinstieg. Auch ausserordentliche Situationen wie eine Diskriminierung am Arbeitsplatz oder Mobbing werden eingehend behandelt. Schliesslich enthält das Handbuch wichtige Informationen für Frauen, die ihre Erwerbsarbeit aus familiären Gründen aufgeben wollen (z.B. in Bezug auf Unfälle, Invalidität, Arbeitslosigkeit, Ruhestand). Das gesamte Handbuch ist in elektronischer Form zu einem Preis von CHF 40.– erhältlich.
  • Um das Handbuch auf einem CD oder die Broschüre zu bestellen: Travail.Suisse, Hopfenweg 21, 3001 Bern, Tel. 031 370 21 11, info@travailsuisse.ch (Betreff: «Broschüre infoMutterschaft» oder «Handbuch infoMutterschaft»)
  • Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat unter dem Titel «Mutterschaft – Schutz der Arbeitnehmerinnen» eine Broschüre veröffentlicht, die bei folgender Adresse bestellt werden kann: BBL, Verkauf Bundespublikationen, 3003 Bern, www.bundespublikationen.admin.ch