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Weihnachten mal anders

Am 6. Dezember kommt der Samichlaus, an Heiligabend das Christkind. Schon Wochen vor Weihnachten locken Märkte mit Glühwein und Punsch und an den Feiertagen wird die Familie mit Fondue Chinoise verwöhnt und die Guetzli sind eh schon lange gebacken. Adventskalender werden geöffnet und jeden Sonntag eine Kerze angezündet. So oder so ähnlich sieht Weihnachten in der Schweiz aus. Andere Länder haben aber auch sehr schöne Traditionen.

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Holland: vrolijk kerstfeest!

In den Niederlanden müssen die Kinder nur bis zum Abend des 5. Dezember auf die grosse Bescherung warten. Am sogenannten Sinterklaasavond, Sinterklaas ist der Nikolaus, werden sie nämlich so beschenkt wie Schweizer Kinder an Heiligabend. Sinterklaas bringt aber nicht nur die Geschenke für die Kinder, sondern ist auch der Schutzpatron für die Seefahrer. Bereits Ende November kommt jener Sinterklaas mit einem Schiff aus Spanien angereist. Mit seinem langen, weissen Bart und dem roten Mantel sieht er unserem Nikolaus zum Verwechseln ähnlich. Mit dabei hat er seinen Gehilfen Zwarte Piet. Am Tag seiner Ankunft sind alle Kinder in Holland aufgeregt. Sie stellen einen Stiefel neben dem Ofen auf, in dem ihr Wunschzettel steckt. Auch an sein Pferd wird gedacht. Es bekommt zur Stärkung vom langen und anstrengenden Ritt mindestens eine Karotte. Die Gaben, die Sinterklaas bringt, sind so verpackt, dass nicht erkannt werden kann, was sich in ihnen verbirgt. Wie in der Schweiz auch. Unter Umständen ist in dem Verpackungskarton ein weiterer, bis am Ende nur eine Streichholzschachtel übrig bleibt. In jedem Geschenk findet sich auch noch ein lustiges Gedicht, das den jeweils Beschenkten auf die Schippe nimmt. Das sorgt für jede Menge gute Laune. Das Ganze trägt die Unterschrift von Sinterklaas höchstpersönlich.

Mexiko: Feliz Navidad!

Ein traditioneller Weihnachtsbrauch sind die Posadas, welche vom 16. Dezember bis zum Heiligabend, dem 24. Dezember, gefeiert werden. Bei einer Posada wird die Suche einer Unterkunft von Maria und Josef nachempfunden. Dabei verkleiden sich zwei Personen als Maria und Josef und klopfen an die Haustüren, um Einlass zu erbeten. Nach zweimaligem Abweisen, da die Herberge angeblich voll sei, werden sie und die anderen Gäste hereingelassen und die fiesta mexicana kann beginnen. Der religiöse Aspekt wird dann schnell vergessen. Die Musik wird aufgedreht, es wird gesungen und getanzt, mit viel Speis und Trank, ein geselliges Zusammensein mit Freunden und Bekannten. Am nächsten Tag wird die Posada von einer anderen Familie veranstaltet, es läuft also immer was bis zur eigentlichen Weihnachtsfeier. Für die Kinder ist der Höhepunkt einer Posada der Brauch der Piñatas. Die Piñata ist eine aus Pappe angefertigte und mit Krepppapier umwickelte Figur, heutzutage oft in Anlehnung an eine Comicfigur oder in Form eines Sternes. Diese wird mit Früchten, Nüssen und Süssigkeiten gefüllt und aufgehängt. Mit verbundenen Augen und mit einem Stock ausgerüstet, darf nun ein Kind nach dem anderen versuchen, die Figur zu treffen und zu zerschlagen. Wenn die Piñata zerbricht, stürmen alle Kinder unter lautem Gekreische auf die Süssigkeiten und hamstern so viel wie möglich.

Tschechien: Veselé Vánoce!

Wenige Tage vor dem Weihnachtsfest kann man in Tschechien überall riesige Bottiche in den Strassen sehen, in denen Fische aus den berühmten Karpfenteichen im Süden Böhmens schwimmen. Denn Karpfen mit Kartoffelsalat ist bei den Tschechen die Hauptspeise am 24. Dezember. Der Karpfen muss aber nicht zwangsläufig auf dem Teller enden, man kann ihm am Heiligabend auch die Freiheit schenken. In vielen Familien mit Kindern eine Tradition. Fischschuppen, die an Heiligabend unter den Teller auf der Tafel gelegt werden, bringen im Übrigen nach tschechischer Tradition Glück und Geld für das ganze kommende Jahr. Das Warten auf die Bescherung am Heiligabend verkürzt den Kindern St. Nikolaus, der am 5. Dezember, dem Vorabend seines Namenstages, wohl alle Orte in der Tschechischen Republik aufsucht. Begleitetet wird er von Engeln und Teufeln. Gemeinsam ziehen sie meist am späten Nachmittag bei Einbruch der Dämmerung durch die Strassen. Sie erschrecken die Kinder ein wenig, beschenken sie aber vor allem mit kleinen Geschenken, Obst und Süssigkeiten.

An Weihnachten wird in Tschechien auch ausgiebig versucht, die Zukunft vorherzusagen. Bis zum heutigen Tag schneiden die Tschechen Äpfel quer durch und nach Form des Kerngehäuses sagen sie das Schicksal voraus. Zeigt das Gehäuse die Form des Kreuzes, soll Krankheit oder sogar der Tod kommen, ein Stern bringt Glück und Vermögen. Und junge Frauen werfen an Weihnachten mit dem Rücken zur Tür Schuhe über ihre Schultern. Zeigt die Schuhspitze danach zur Tür, steht innerhalb eines Jahres eine Hochzeit ins Haus.

Japan: Merii Kurisumasu!

Während in der Schweiz meist an Weihnachten eher deftig gegessen wird, geht es in Japan süss zu: Man backt eine grosse Geburtstagstorte für das Christkind. Wer nicht selber backt, muss früh dran sein. Wer sie nicht rechtzeitig bestellt, muss sich damit abfinden, in ellenlangen Schlangen vor der Konditorei zu warten, um dann hoffentlich noch eine Torte zu ergattern. Weihnachten, wie wir es kennen – mit der Familie unterm Weihnachtsbaum Geschenke auspacken –, ist in Japan eher unüblich. Erst in den letzten Jahren hat sich dieses Konzept zunehmend bei Familien mit kleinen Kindern eingebürgert. Geschenke bekommen hier auch meist nur die Kinder. In erster Linie geht es nämlich in Japan an Weihnachten nicht um Geschenke und ein grosses Familienfest, sondern um die Liebe. Es ist fast ein zweiter Valentinstag. Ein gelungenes Weihnachtsfest besteht dann auch aus einem romantischen Spaziergang zu zweit, bestenfalls durch eine der zahlreichen «Christmas Illuminations», bei denen ganze Strassen oder Parks in bunte Lichter gehüllt sind. Ein anderes beliebtes Ziel für ein solches Weihnachtsdate ist Disneyland – hier zahlt natürlich der Mann, wie es bei Dates in Japan üblich ist. Anschliessend folgt meist ein Restaurantbesuch mit Candle-Light-Dinner.

Philippinen: Maligayang Pasko!

Vier Monate, von September bis Januar, dauert die mehr oder weniger besinnliche Jahreszeit auf dem tropischen Inselstaat, der zu 90 Prozent von Christen bewohnt wird. Ein Drittel des Jahres ist also Weihnachten, das gibt es nirgendwo sonst auf der Welt. Normalerweise hört man spätestens ab Mitte Oktober, mancherorts sogar schon ab September Weihnachtslieder im Radio und die Läden in Manila und den anderen grossen Städten beginnen mit dem Weihnachtsverkauf. Um den 1. Dezember herum erscheinen dann die ersten «paroles», wunderschöne Weihnachtslaternen aus Papier. Überall finden in dieser Zeit Laternenwettbewerbe statt. Bei Tagesanbruch des 16. Dezember, sobald die ersten Hahnenschreie ertönen, beginnen im ganzen Land die Glocken der katholischen Kirchen zu läuten, um den «offiziellen» Beginn der Weihnachtszeit zu verkünden. Blaskapellen marschieren durch die Stadt. Die Kinder feuern in den Strassen kleine Bambuskanonen ab. Raketen steigen in den kühlen Dezemberhimmel und zerbersten mit viel Getöse zu ihrer vollen Farbenpracht. In keinem anderen Land gibt es so viele heilige Messen vor Weihnachten wie auf den Philippinen. An neun aufeinanderfolgenden Tagen finden ab dem 16. Dezember frühmorgendliche Messen statt. Wer es in einem Jahr an allen neun Terminen in die Kirche schafft, bekommt dem Glauben zufolge einen besonderen Wunsch erfüllt. Das Santo-Niño-Fest, das mit farbenfrohen Strassenumzügen die Weihnachtszeit traditionell beendet, findet am dritten Sonntag im Januar statt.

Schweden: God Jul!

Bereits am 13. Dezember haben die Schweden eine ganz besondere Tradition, das Luciafest. Dabei geht meistens die älteste Tochter der Familie, als Lucia verkleidet, die Familie wecken. Sie trägt ein langes weisses Kleid, ein rotes Samtband um den Bauch und einen Preiselbeerenkranz mit Kerzen auf dem Kopf. Am 23. Dezember wird in Schweden alles für Heiligabend vorbereitet. Es gibt den alten Glauben, dass die Schweden dabei von Hauswichteln Unterstützung bekommen. Am Heiligabend bedanken sie sich bei den Wichteln, indem sie ihnen eine Schüssel Milchbrei vor die Tür stellen. Das ist eine Tradition. Ausserdem hoffen sie, dass die Wichtel ihnen dadurch im nächsten Jahr keine Streiche spielen. Der 24. Dezember – also Heiligabend – ist für die Schweden der wichtigste Tag in der Weihnachtszeit. Meistens gehen sich die Familien gegenseitig besuchen. Bevor man die Geschenke auspackt, wird gegessen. Meistens gibt es den traditionellen Julskinka, das ist ein schwedischer Weihnachtsschinken. Danach tanzt die Familie singend um den Weihnachtsbaum, der mitten im Zimmer aufgestellt wird. Der sogenannte Julbock darf am Weihnachtsbaum nicht fehlen. Es ist ein Ziegenbock, der früher den Kindern die Geschenke gebracht hat. Heute wird er – zusammen mit drei Kobolden – als Begleiter des Weihnachtsmannes angesehen. Während die Geschenke ausgepackt werden, trägt man als Dankeschön seine Julklapp-Reime vor. Meistens sind diese selbst geschrieben. Meist bleiben die Türen und Fenster den ganzen Abend lang geöffnet. Denn es ist Brauch, dass Nachbarn oder Freunde kleine Geschenke in das Haus legen.