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Für eine Elternarbeit auf Augenhöhe

Die Zusammenarbeit von Schule und Eltern ist keine Selbstverständlichkeit, sondern das Resultat eines langjährigen Engagements. Seit 70 Jahren setzt sich Schule und Elternhaus Schweiz (S&E) als Elternorganisation für die Schulkultur ein.

«In der heutigen Zeit ist es schwieriger geworden, Eltern für ein Engagement in der Elternarbeit zu gewinnen», bringt es Gabriela Heimgartner, Präsidentin von Schule und Elternhaus Schweiz (S&E), auf den Punkt. Hinzu komme, dass Eltern mit schulpflichtigen Kindern oft aufgrund der familiären Belastung die Zeit fehle, sich in einem Verein bzw. Elternrat oder grundsätzlich in der Elternarbeit zu engagieren. Sind die Kinder dann älter, verliert die Elternarbeit an Relevanz für die Eltern. Seit der Corona-Krise kommt laut der S&E-Präsidentin ein weiteres Phänomen hinzu: «Der Austausch zwischen Schule und Elternhaus mit Informationen wird immer häufiger auf Online-Kanäle verlagert. Folglich reduzieren sich dadurch auch die Kontakte zwischen Schule und Eltern.» Bei S&E spürt man den Rückgang der Elternarbeit insbesondere in den Sektionen. Allerdings gibt es auch Kantone – zum Beispiel Zürich, Freiburg –,  in denen Elternräte gesetzlich vorgeschrieben sind, oder Bern und Zug, wo sie eine lange Tradition haben. Jüngst hat sich im Dezember 2023 in der Stadt Zug eine neue Sektion gebildet. S&E leistet beim Aufbau wie auch bei der Betreuung von Elterngremien seit jeher einen wichtigen Beitrag, wie Gabriela Heimgartner betont. Sektionen und Elternräte organisieren viele Anlässe zu Erziehungs- oder Bildungsthemen in ihren Gemeinden oder Schulen. Diese finden, so Gabriela Heimgartner, in kleineren Gemeinden bei den Eltern mehr Anklang als in grösseren Städten.

Zunehmend kantonal und national

Seit rund 30 Jahren wirkt Gabriela Heimgartner in der Elternarbeit mit – zum einen als Elternrat im Kanton Bern, zum andern seit 2014 in der Sektion Bern von Schule und Elternhaus Schweiz; die Berner Sektion ist aus der Fusion zwischen S&E Bern und der Vereinigung der Elternräte von Bern entstanden. Vor drei Jahren wurde Gabriela Heimgartner zur Präsidentin von S&E Schweiz gewählt. Weil sich manche Bildungsthemen vor allem auf der kantonalen und nationalen Politbühne abspielen, konzentriert auch S&E die Anstrengungen immer häufiger in diesem Bereich – sei es beispielsweise zum Thema Lehrermangel, Bildungsqualität oder Pandemie. Aktuell engagiert sich S&E in der Aktion «Bildungsqualität sichern» des Dachverbandes Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) in Zusammenarbeit mit den Schulleiterinnen und Schulleitern. Die Aktion wurde im November 2023 lanciert und möchte nach eigenen Angaben die Bildungsqualität als Auftrag und Ziel verankern. Dazu werden in verschiedenen Kantonen Initiativen, Petitionen oder andere Aktionen gestartet, um die Behörden und Politik zum Handel zu bewegen. Im Kanton Bern ist S&E Teil des Initiativkomitees.

Beitrag zur Schulkultur

Wie ist der Stellenwert von S&E einzuschätzen? «Allen ist klar, dass die Eltern zur Schule gehören», sagt Gabriela Heimgartner, «trotzdem kämpfen wir seit 70 Jahren dafür, als Partner und Ressource ernst genommen zu werden – und dass man uns auf Augenhöhe begegnet.» Für Sonja Karrer, die S&E Schweiz von 2004 bis 2014 vorstand, ist die Idee, die Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern zu fördern, fortschrittlich und zukunftsgerichtet. «Schon immer war es die Absicht von S&E, auf die Schule zuzugehen und als Eltern einen Beitrag zur Schulkultur zu leisten.» Trotzdem sind laut Sonja Karrer und Gabriela Heimgartner die Eltern in vielen Schulen noch nicht Teil der Schulkultur; vielmehr verkörperten sie häufig das Bild von störenden Eltern. Aber nicht nur: «Es gibt zum Glück immer mehr Lehrpersonen sowie Schulleiterinnen und Schulleiter, die sich der Bedeutung der Elternarbeit bewusst sind und ihr Engagement schätzen», freut sich Gabriela Heimgartner. Die aktuelle S&E-Präsidentin bezeichnet es als eine «Herausforderung», die Eltern im Bildungsbereich zu positionieren. Denn: «Eltern sein ist kein Beruf, sie erhalten keinen Lohn für ihr Engagement, und die Elternzeit ist ständig in Bewegung und wird durch den Entwicklungsprozess der Kinder beeinflusst.» Der Vorstand von S&E Schweiz investiere gezielt in die Öffentlichkeitsarbeit, um einerseits als Elternverband wahrgenommen zu werden, andererseits um die Elternarbeit noch mehr in der Schweiz zu forcieren.

Forderungen für Schulassistenzen

Im Rahmen der Lehrassistenz als Antwort auf den aktuellen Lehrpersonenmangel sind bereits heute manche Eltern in den Klassenzimmern aktiv und unterstützen die Lehrpersonen. S&E setzt sich laut Gabriela Heimgartner für einheitliche Ausbildungen, Anstellungsbedingungen und klare Aufgabenstellungen der Schulassistenzen ein. Ausserdem fordert S&E eine Anerkennung der Einsätze der Schulassistenzen bei allfälligen Studiengängen an den Pädagogischen Hochschulen. «Gut ausgebildete Schulassistentinnen und -assistenten bedeuten unserer Ansicht nach eine wertvolle Unterstützung für die Lehrpersonen. So können sich letztere besser auf den Unterricht konzentrieren. Auch das ist ein Beitrag gegen den häufigen Burn-out bei Lehrpersonen.» In diesem Sinne ist Gabriela Heimgartner überzeugt, dass die Elternarbeit auch in Zukunft einen wichtigen Stellenwert in der Schulkultur einnehmen wird – sei es auf nationaler, kantonaler oder lokaler Ebene. «Die Eltern sind und bleiben ein wichtiger Partner der Schule, weil sie vor Ort sind und sich dort engagieren können.»

Das Wunder von Bern

Schule und Elternhaus Schweiz wurde 1954 von Marcel Aeschbacher als Präsident ins Leben gerufen. Mit dem Grundgedanken, die Familie zu stärken und die Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus zu fördern, legten die Pioniere damals den Grundstein für diese Elternorganisation. Bereits im ersten Jahr setzte sich S&E zum Ziel, das Verhältnis zwischen der Institution Schule und den Eltern sowie deren Rollen in Bildung und Erziehung zu klären. Dafür wurde als eine der ersten Aktionen bei den Eltern der deutschsprachigen Schweiz eine Umfrage lanciert, um deren Ansichten zu Schulproblemen zu erfahren.

Als Eltern Verantwortung wahrnehmen

Seit jeher sieht sich S&E als ein Interessenverband der Eltern von schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen. Die Eltern sind direkt Betroffene und nehmen mit ihrer Erziehungsaufgaben die Rolle als Vertreter der Kinder- und Jugendinteressen wahr. Ihre Mitsprache ist laut S&E ein ihnen vom Gesetz her gegebenes Recht. Andererseits gelte es auch für die Eltern selber, Interesse zu zeigen und Verantwortung wahrzunehmen. Grundsätzliche, schulpolitische Entscheidungen dürfen von den Eltern nicht nur den politischen Verantwortlichen überlassen werden, fordert S&E damals wie heute. «Längst nicht alle Entscheidungsträger sowie Politikerinnen und Politiker wissen, welches Ausmass, welche Folgen ihre am Schreibtisch getroffenen Überlegungen für die Praxis der Schulen haben», argumentierte die frühere S&E-Präsidentin Rita Balmer-Stöckli in ihrer Festrede zum 50-Jahr-Jubiläum der Elternorganisation 2004.

Ehrenamtlich und pragmatisch

Mittlerweile engagieren sich seit 70 Jahren ehrenamtlich tätige Personen aus verschiedenen Kantonen, Bevölkerungsschichten und Berufsgruppen für S&E. Sie investieren einen grossen Teil ihrer Freizeit als Mittler für Staat und Gesellschaft im Dienst für die Kinder. So waren die Sektionen von S&E beim Aufbau von Elternräten, familienergänzender Betreuung wie auch Aufgabenhilfen in den Schulen massgebend beteiligt, wie die frühere S&E-Präsidentin Sonja Karrer informiert. «Seit der Gründung von S&E hat sich die Elternorganisation stets durch pragmatische und praxisbezogene Aktionen ausgezeichnet.» Trotz des hohen Engagements und der unbestrittenen Notwendigkeit einer nationalen Elternarbeit erhält S&E als Dachorganisation keine finanziellen Mittel.

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IBAN CH72 0900 0000 6012 6023 7
Schule und  Elternhaus S&E Schweiz
Postfach 40
8102 Oberengstringen

Schule und Elternhaus Schweiz (S&E)
Eltern eine Stimme geben

Die Anliegen der Eltern vertreten

Als Elternorganisation der deutschsprachigen Schweiz vertritt Schule und Elternhaus Schweiz (S&E) auf nationaler Ebene die Anliegen der Eltern zu Themen rund um die Schule – und dies seit 70 Jahren. S&E Schweiz fördert zusammen mit den kantonalen, regionalen und lokalen Sektionen die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Schule, Behörden und Eltern. S&E ist Patronatsgeber des Berufswahl-Portfolios.

Die Aktivitäten von S&E:

  • Organisation von Veranstaltungen und Kursen
  • Beratung von Elterngruppen
  • Lobby- und Medienarbeit
  • Nationales und internationales Netzwerk
  • Lancierung von Projekten im Bereich Bildung und Erziehung
  • S&E ist offizieller Vernehmlassungspartner beim Bund und in vielen Deutschschweizer Kantonen.

www.schule-elternhaus.ch