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Aufgetischt: So lernen die Kleinen Tischmanieren

«Mein Kind ist resistent gegen Tischmanieren!» – Kommt Ihnen das bekannt vor? Viele Eltern beklagen sich darüber, dass der Nachwuchs sich nicht angemessen am Esstisch verhält. Doch was darf man überhaupt von den Kindern erwarten? Wir haben bei Katrin Künzle von der gleichnamigen Organisation nachgefragt. Tischmanieren ist ein Thema, das viele Familien vor gewisse Herausforderungen stellt.

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Kleine Kinder müssen erst lernen, mit Besteck zu essen. Ab welchem Zeitpunkt darf man erwarten, dass sie dies können – oder es ihnen beibringen?

Gutes Benehmen wird niemandem in die Wiege gelegt. Wir kommen nicht mit guten Manieren auf die Welt. Je nach Kultur, Religion und Umfeld sind auch die Regeln des guten Benehmens unterschiedlich. Auch bei den Tischmanieren. Einige Kinder können schon ab fünf Jahren mit dem passenden Besteck umgeben. Es gibt jedoch keine starren Regeln. Dies hängt immer von der Entwicklung und dem Interesse des Kindes ab. Wir führen unsere Knigge- Kurse bewusst erst für Kinder von 8 bis 12 Jahren durch.

Das Fleisch schneiden, die Spaghetti um die Gabel drehen, nicht mit offenem Mund kauen: Wie und vor allem zu welchem Zeitpunkt bringt man den eigenen Kindern Tischmanieren bei?

Von Anfang an Vorbild sein! Kinder sind wie Schwämme. Sie saugen alles auf und machen alles nach. Wenn ich als Elternteil wie ein «Nussgipfel» am Tisch sitze, die Ellenbogen aufstütze und mit offenem Mund kaue, wird dieses Verhalten sicher nachgemacht. Auch die Bestecksprache und die Besteckhaltung sind wichtig. Erklären und demonstrieren Sie, dass bei einer richtigen Haltung des Bestecks das Schnitzel besser geschnitten werden kann und dass nur wenige Spaghettifäden besser in den Mund passen. Achten Sie darauf, dass das Handy bei den Mahlzeiten nicht auf dem Tisch liegt, dass das Kind vor und nach dem Essen die Hände wäscht und auch eine Serviette zu jeder Mahlzeit benutzt wird. Beim Kauen bleibt der Mund zu und Schmatzen ist für alle «Mithörer» am Tisch kein schönes Geräusch. Übung macht den Meister. Loben Sie Ihr Kind, wenn es etwas richtig macht. Jubelstürme sind nicht nötig, aber manchmal kritisieren wir mehr, als nötig wäre. Wenn Eltern ihr Kind zu unserem Knigge-Kurs bringen, höre ich oft: Mein Kind ist völlig resistent gegenüber Tischmanieren. Häufig erlebe ich dann im Kurs ein Kind, welches toll mitmacht, bei den Rollenspielen Spass hat und manierlich die Serviette benutzt. Allerdings beobachte ich in den letzten Jahren auch, dass Kinder Mühe haben, das Besteck richtig zu halten und auch das Fleisch nicht richtig schneiden können. Im Mittagstisch oder in der Kita fehlt oft auch die Zeit, den Kindern die richtige Besteckhaltung zu zeigen und mit ihnen zu üben. Darum ist es umso wichtiger, zu Hause auf gute Tischmanieren zu achten.

Tipp: Führen Sie regelmässig einen «Königs-» und einen «Schweine-Tag» durch. Beim «Königstag» wird an einem schön gedeckten Tisch mit einem weissen Tischtuch ohne kleckern gegessen. Beim «Schweine-Tag» dürfen beispielsweise Pouletflügel und Pommes mit den Händen verzehrt werden.

Weshalb sind Tischmanieren auch bei kleineren Kindern wichtig?

Kinder sind noch unkritisch, was Tischmanieren anbelangt. Spätestens als Jugendliche fallen dann schlechte Verhaltensweisen beim Essen auf. Dann wirds schnell peinlich. Alle Grundregeln, die Kinder schon früh bei Tisch lernen, sind für das spätere Leben ein grosser Gewinn. Wenn ich von klein auf gewohnt bin, eine Serviette zu benutzen, werde ich dies auch später als selbstverständlich betrachten. Wenn ich während des Essens immer die Ellenbogen auf dem Tisch abstütze und das Besteck falsch halte, werde ich später an diesen Gewohnheiten festhalten. Im Erwachsenenalter wird es immer schwieriger, diese Gewohnheiten zu ändern.

Nicht alle Kinder sind von Tischmanieren von Anfang an zu überzeugen. Wie motiviert man den Nachwuchs dennoch?

Spielerisch! Bauen Sie kleine Spiele ein. Wer hat am Schluss des Essens das schönste Glas ohne Fettflecken? Üben Sie mit den Kindern die Geheimsprache des Bestecks. Wie kann ich mit Messer und Gabel zeigen, dass ich nur eine Pause beim Essen mache? Wer hat nach dem Essen keine Tomatensaucenflecken auf der Kleidung oder auf dem Tischtuch? Kaufen Sie eine kleine Stoffmaus und eine Stoffkatze. Die Kinder dürfen dann bei den Eltern prüfen, ob die Haltung korrekt ist. Miteinander essen soll Spass machen. Seinen Sie entspannt, aber auch konsequent. Ihre Kinder werden es Ihnen danken. Gute Manieren bei Tisch und im täglichen Leben öffnen Türen und ermöglichen ein respektvolles Miteinander.

Zehn wichtige Regeln bei Tisch:

1. Hände vor dem Essen waschen
2. Die Ellenbogen werden während des Essens nicht auf dem Tisch aufgestützt.
3. Nicht im Stuhl «liegen». Korrekte Sitzhaltung: Zwischen Stuhllehne und Rücken kann noch eine kleine Maus durchhuschen. Auf dem Schoss hat noch eine Katze Platz (kein Garfield).
4. Warten, bis alle das Essen erhalten haben
5. Die Serviette vor dem Essen auf den Schoss legen und diese auch benutzen
6. Kleine Portionen in den Mund nehmen und nicht mit vollem Mund reden
7. Besteck richtig benutzen und nicht damit rumfuchteln
8. «Zauberwörter» wie «Bitte» und «Danke» verwenden.
9. Schmatzen und Rülpsen sind tabu.
10. Keine unappetitlichen Geschichten während des Essens erzählen.