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Arsenicum-Kinder

Arsenicum-Kinder sind sehr kälteempfindlich. Jeder Krankheitszustand, sei es eine Erkältung, Durchfall, Fieber, Heuschnupfen oder was auch immer, führt bei ihnen zu einer auffallend schnellen Schwächung und Entkräftung.

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Aus der Kriminalgeschichte ist uns Arsen als hochwirksames Gift bekannt. Eine Arsenvergiftung führt in kurzer Zeit zu Unruhe, Angst, inneren brennenden Schmerzen bei äusserem Frieren, schnellem Kräfteverfall und schliesslich zum Tode. Gemäss dem homöopathischen Gesetz wird hier illustriert, dass kleine und kleinste Dosen eines Stoffes durchaus in der Lage sind, diejenigen Symptome zu heilen, die sie, in materiellen Dosen eingenommen, verursachen. Das bedeutet, dass in Fällen, wo während einer Krankheit die obengenannte Symptome auftreten, eine homöopathische Dosis von Arsenicum zu rascher und sicherer Heilung führt. Typisch hierfür sei hier zum Beispiel eine Lebensmittelvergiftung mit Durchfall und gleichzeitigem Erbrechen genannt. Wer das schon einmal erlebt hat, weiss von der zittrigen Schwäche, dem raschen Kräfteverfall, der inneren Ruhelosigkeit, der damit verbundenen Angst, den stinkenden Ausscheidungen bei gleichzeitigem brennendem Durst.

Arsenicum-Kinder

Das psychische Bild von Arsenicum album ist bei älteren Kindern sehr charakteristisch. Es handelt sich dabei vorwiegend um dünne, zarte und auch zartbesaitete Kinder mit vielen Ängsten und einer auffallenden Vorliebe für Ordnung und Sauberkeit. Mütter erzählen beispielsweise, dass ihr Sprössling nicht gern im Sand spielt, weil er dabei schmutzig werden könnte, ihr Kind völlig ausser sich gerät, wenn er’s einen Fleck auf seinen Kleidern entdeckt, ein Ärmel nass wird oder, dass es sich grundlos dauernd umziehen will. In seinem Zimmer muss Ordnung herrschen, der geliebte Teddy immer akkurat am selben Platz sein. In diesem Verhalten steckt eine gewisse Zwanghaftigkeit, Veränderungen werden als bedrohend erlebt und lösen schnell Ängste aus. Kleinigkeiten und alles Unvorhersehbare sind in der Lage, ein solches Kind aus der Fassung zu bringen. Auch Angst vor dem Alleinsein, vor der Dunkelheit, vor Geistern und Dieben sind typisch und erklären, warum die Nächte für diese Kinder und deren Eltern oft ein Martyrium sind. Eifersucht auf ein Geschwisterchen und die Befürchtung zu kurz zu kommen, können ein weiterer Hinweis auf das Mittelbild sein.

Bei Babys und Kleinkindern findet man ausser einer gewissen Unruhe und dem Unvermögen, längere Zeit allein zu sein, noch keine Auffälligkeiten. Diese zeigen sich hier erst im Krankheitsfalle. Jeder Krankheitszustand, sei es eine Erkältung, Durchfall, Fieber, chronische Augenentzündung, Heuschnupfen oder was auch immer, führt zu einer auffallend schnellen Schwächung und Entkräftung. Das Kind wird noch blasser, die Augen wirken eingefallen, und die Angst steht in seinem Gesicht geschrieben. Natürlich gehört zu diesem Zustand die für Arsenicum so typische körperliche Unruhe, das Unvermögen allein zu sein, die jammerige Anhänglichkeit und der brennende Durst.

Arsenicum-Kinder sind sehr kälteempfindlich und werden krank durch kaltes, windiges oder nasskaltes Wetter, aber auch durch den Genuss von kalten Speisen und Getränken. Eigenartigerweise ist Mitternacht, respektive die Zeit zwischen 24.00 bis 2.00 die Zeit, in der sich alle Symptome verschlimmern. Es scheint, als ob die Ordentlichkeit und die Pünktlichkeit sich auch in den Beschwerden widerspiegeln, denn eine gewisse Periodizität ist diesem Arzneimittel eigen. So können sich Kopfschmerzen, Fieber oder Asthmaanfälle in regelmässigen zeitlichen Abständen wiederholen. Wenn gewisse Erscheinungen jede Woche, jeden Monat oder jedes Jahr, fast auf die Stunde genau auftreten, kann das ein bestätigender Hinweis sein.

Fall aus der Praxis

Die dreijährige Liv wurde wegen chronischen Schlafproblemen in meine Praxis gebracht. Sie kann abends nur einschlafen, wenn sich ein Elternteil zu ihr ins Bett legt und das Licht angezündet bleibt. Auch wenn diese Bedingungen erfüllt sind, dauert das abendliche Prozedere bis zu zwei Stunden, in denen das Mädchen weint und sich unruhig hin und herwirft. Für die Eltern ist die Situation unerträglich, denn spätestens drei Stunden später geht das Geschrei erneut los und die Kleine beruhigt sich erst, wenn sie bei den Eltern im Bett liegen darf. Dann schläft sie bis zum Morgen. Wegen ihres feinen Aussehens, ihrem schlanken Wuchs, der Angst vor Gewittern, dem Verlangen nach Gesellschaft und einigen anderen Symptomen bekam sie von mir Phosphorus, was aber trotz wiederholten Gaben nicht viel an der Situation zu ändern vermochte.

Einige Monate später ist Liv ernstlich krank. Seit anderthalb Tagen leidet sie an einer Magen-Darmgrippe. Das Gespräch mit der Mutter ergibt, dass die kleine Liv am Sonntag kurz nachdem sie im Schwimmbad Wassermelone gegessen hat, schwallartig erbrochen hat. Sie seien darum sofort nach Hause gegangen, wo bald auch ein stinkender Durchfall eingesetzt habe. Dieser sei ganz schwarz, enthalte unverdaute Partikel und verbreite einen aashaften Geruch. Seither will Liv nichts mehr essen und wende bei allem Essbaren, was ihr angeboten wird, angewidert den Kopf weg. Auch Getränke verweigert sie, da sie meistens unmittelbar nach dem Trinken wieder Krämpfe bekommt, was erneut zu Erbrechen und Durchfall führt. Einzig immer wieder mal ein Löffelchen warmen Tee könne sie bei sich behalten. Die Mutter, welche von Beruf Krankenschwester ist, macht sich mit Recht grosse Sorgen, weil das Kind sehr schwach ist und eine Dehydration (Austrocknung) befürchtet werden muss.

Eine Dosis Arsenicum C30 in Wasser aufgelöst und schlückchenweise eingelöffelt änderte die Situation in kurzer Zeit derart drastisch, dass Liv drei Stunden später ohne Probleme Suppe essen konnte und sich rasch erholte.

Durch diese Episode habe auch ich erkannt, dass das Kind konstitutionell Arsenicum und nicht das diesem Arzneimittelbild sehr ähnliche Phosphorus benötigt. Nach einer später verabreichten Dosis Arsenicum C200 hat sich die Schlafproblematik jedenfalls schon deutlich verbessert. Liv bleibt inzwischen in ihrem eigenen Bettchen, und ich bin optimistisch, dass sich auch das Einschlafen mit der Zeit noch verbessern lässt.

Hauptindikationen
  • Milchschorf
  • hartnäckiger Säuglingsschnupfen, verstopfte Nase, v.a. rechts,
  • schniefende Atmung
  • Nasenflügelatmung bei Lungenproblemen und bei Erregung
  • Trockener Husten nach Lungenentzündung
  • Mittelohrentzündung, vor allem wenn die rechte Seite als erste betroffen ist
  • Halsentzündungen mit Besserung durch warme Getränke
  • Verdauungsprobleme, 3-Monatskoliken, Blähungen
  • Stuhl: hart am Anfang, breiig am Ende der Entleerung
  • Magenschmerzen, Blähungen und Durchfall durch Angst
  • Pfeiffersches Drüsenfieber, Mumps, Scharlach
  • Hodenhochstand
  • Rechtseitiger Leistenbruch
  • Viele Muttermale und Sommersprossen
  • Allgemein rechtsseitige Beschwerden
  • Leitsymptome
  • Tyrannisch zu Hause, angepasst ausserhalb
  • Verschlimmerungszeit: morgens beim Erwachen und von 1620 Uhr
  • Rechtsseitige Beschwerden
  • Verlangen nach Süssem
  • Häufige Verdauungsprobleme mit Gasbildung