Artikel / Themen

Tierische Freunde: Eine Entscheidung, die gut durchdacht werden muss

Die Anzahl neuer Hundebesitzer ging in den vergangenen zwei Jahren durch die Decke. Viele fanden sich im Homeoffice wieder, Fernreisen wurden gestrichen, das Vereinsleben lag brach. Plötzlich war Zeit im Überdruss vorhanden, und die füllte man sich gern mit einem tierischen Gesellen. Was aber, wenn nach und nach Normalität einkehrt? Nicole Fröhlich von NF dogshome AG erklärt im Interview, was man beachten sollte, damit die Freude von langer Dauer ist.

Bild: © alexei_tm/shutterstock.com

Wegen Corona sind viele auf den Geschmack eines Hundes gekommen. Sie sind seit vielen Jahren fast rund um die Uhr als Hundetrainerin und Hundepensionsleiterin mit den Vierbeinern in Kontakt. Grundsätzlich: Freut es Sie als Fachperson, dass es plötzlich so viele neue Hundebesitzer gibt?

Ja und nein. Natürlich ist es schön, wenn Menschen und Hunde zusammenfinden. Für mich ist es etwas vom Schönsten, mein Leben mit Hunden teilen zu dürfen. Sie bereichern meinen Alltag. So wird es vielen Leserinnen und Lesern gehen. Leider gibt es jedoch immer mehr ernüchternde Begegnungen. Menschen bestellen sich einen Hund im Internet, über eine Organisation – sie wählen einen Hund aus, den sie nie gesehen haben. Teils werden gute Abklärungen getroffen, sodass es dann für beide Seiten zu einem «perfect match» wird. Doch leider ist dies nicht immer der Fall. Die Menschen sind dann überfordert und werden in ihren Nöten allein gelassen. Sie ziehen für viel Geld Hundetrainer, Verhaltenstherapeuten oder auch Verhaltensmediziner bei. Das sind Menschen, die viel tun und noch mehr investieren, um einen Weg zu finden. Andere möchten den Hund lieber wieder loswerden. Traurig für einen Hund, der vielleicht eine weitere Reise mit vielen Strapazen hinter sich hat und kaum angekommen ist, bereits wieder weitergereicht wird.

Die Corona-Beschränkungen werden nach und nach gelockert, das normale Leben kehrt zurück. Die Vierbeiner hingegen bleiben. Macht Ihnen das ein ungutes Gefühl?

Bei ganz vielen Menschen freut es mich. Denn das Zusammenleben mit einer Fellnase ist wirklich ein Geschenk. Hunde können unser Leben so bereichern. Es gibt viele Menschen, die sich freuen, gemeinsam mit ihrem Hund Dinge zu erfahren. Wir sind glücklich zu sehen, dass mehr und mehr Hundehaltende den Wunsch haben, mehr über die Kultur des Hundes zu lernen. Es geht also nicht mehr nur darum, den Hund zu erziehen, ihm «Gehorsam» beizubringen – es geht viel weiter. Es gibt über diese wunderbaren Wesen so viel zu lernen. Die Bereitschaft erfahren wir anlässlich unserer Kurse sehr. Insofern macht mir das ein gutes Gefühl. Zweifel aber bleiben, wenn der Hund plötzlich «im Wege» ist. Dieses ungute Gefühl richtet sich für mich allerdings in erster Linie gegen die Seite, die den Hund vermittelt. Denn bei eingehenden Abklärungen vor einer Vermittlung sollte das kaum eintreten.

Sind die Tierheime in der Schweiz voller als auch schon? Oder sind die Auswirkungen (noch) nicht spürbar?

Es gibt sicher vermehrte Anfragen. Dies hängt damit zusammen, dass wir auch immer mehr Hunde aus dem Ausland importieren. Eine Vermittlung beinhaltet viel Verantwortung. Es ist in meinen Augen nicht damit gemacht, einen Hund zu retten und dann zu platzieren. Die Neuhundehaltenden brauchen oft eine entsprechende Begleitung. Zudem sollte eine vermittelnde Stelle auch da sein, einen Hund zurückzunehmen, wenn es nicht geht.

Nicht nur in der Schweiz, auch aus dem Ausland sind viele Hunde auf unsere Hilfe angewiesen. Deshalb holen sich viele inzwischen aus dem Ausland einen Hund, was Sie gerade angesprochen haben. Ist das eine gute Lösung? Oder sollte man sich zuerst in der Schweiz umschauen?

Seriöse Organisationen treffen sehr eingehende Abklärungen, bevor sie einen Hund platzieren. Mich macht es sehr traurig, wenn bei uns Halter anklopfen, die einen Hund im dogshome abgeben möchten, der bereits an mehreren Orten war – und das innerhalb ganz kurzer Zeit.

Tierheimhunde haben leider oftmals den Ruf, schwierig und eigen zu sein. Stimmt das?

Ja und nein. Sie sind nicht schwierig, sie haben «einfach» viel Vertrauen verloren. Die Hunde, die wir bei uns haben, haben eine lange Vorgeschichte, wurden mehrfach um-platziert – und mit jeder Veränderung haben sie auch Vertrauen verloren – in sich selber und in die Umwelt. Je weniger sie trauen, desto eher werden sie Verhaltensweisen zeigen, die wir dann als «schwierig, aggressiv, ängstlich, etc.» bezeichnen. Das Schwierige ist es, das Vertrauen dieser Hunde wieder aufzubauen. Das gelingt oft, aber nicht immer. So bleiben gewisse Hunde länger oder für immer in Tierheimen.

Was sollte man beachten, wenn man mit dem Gedanken spielt, sich einen Hund anzuschaffen?

Ein Hund ist ein Familienmitglied, das viel Zeit in Anspruch nimmt und auch Kosten verursacht. Ich sollte mir gut überlegen, ob ich bereit dazu bin. Habe ich den Wunsch, ein Hundeleben lang für meinen Vierbeiner da zu sein? Wie sieht mein Alltag aus? Habe ich Unterstützung? Wie ist es mit Ferien? Wie ist meine Wohnsituation? Es gibt ganz viele Fragen, die man sich stellen sollte. Ideal ist, wenn man sich eingehend mit dem Welpen oder dem Hund aus dem Tierschutz befasst. Deshalb ist die Übernahme eines Hundes aus einem Schweizer Tierheim sicher einfacher. Da hat man die Möglichkeit, den Hund mehrfach zu besuchen. Das gegenseitige Kennenlernen hilft dabei, herauszufinden, ob die Chemie stimmt.

Bei einem Hund aus dem Ausland ist das schwieriger.

Das ist richtig. Möchte man einen Hund aus dem Ausland, ist es wichtig, sich eingehend mit der Organisation zu befassen. Welche Informationen geben sie mir zum Hund? Wie sieht der Vertrag aus? Werde ich unterstützt, wenn ich Schwierigkeiten habe? Wie sieht es mit einer Rücknahme aus, wenn es nicht klappt? Nach der Übernahme, egal woher, ist es wichtig, dem Hund ausreichend Zeit zum Ankommen zu geben. Je mehr «Vorerfahrungen» ein Hund hat, desto mehr Zeit benötigt er dafür. Überforderung ist in jedem Fall zu vermeiden!

Durch die hohe Nachfrage sind leider auch die Betrüger aktiv. Die Preise für einen Hund sind stark angestiegen, der Welpenhandel aus dem Ausland boomt. Was kann man tun, um in keine solche Falle zu tappen?

So hart es ist: Käufe aus Mitleid sind zu vermeiden. Oft werden wir geködert, weil es heisst, dass der Welpe oder Hund eingeschläfert wird, wenn wir ihn nicht nehmen. Ideal wäre allenfalls, beim kantonalen Veterinäramt Auskunft über den Vermittler einzuholen. Schnellkäufe oder Übernahmen an Autobahnraststätten oder Ähnlichem sind zu vermeiden. Es lohnt sich, vorgängig einen Vertrag zu verlangen und diesen, wenn möglich, von einem Juristen mit Hundeerfahrung prüfen zu lassen. Hunde sollten nicht als «Ware» gehandelt werden. Zudem ist es wichtig, Informationen über den Gesundheitszustand einzuholen und auch zu prüfen, ob der Hund offiziell eingeführt worden ist. Dies ist durch einen Stempel im Heimtierausweis gekennzeichnet. Bei Unsicherheit lohnt es sich, einen Anruf beim Veterinäramt zu machen.

Haben Sie abschliessend einen Tipp, wie man den richtigen Hund findet?

Man sollte sich viele Gedanken zu den eigenen Lebensumständen machen. Hunde sind eine grosse Bereicherung, wenn wir ihnen ein passendes Umfeld bieten können. Ich sollte mich fragen, ob ich ausreichend Geduld für einen Welpen habe oder ob ich lieber einen erwachsenen Hund übernehme. Wenn der Hund erwachsen ist, lohnt es sich, Zeit für ein Kennenlernen zu investieren. Schnellkäufe gehen zwar oft gut. Doch was ist, wenn eben nicht? Wie muss es für diesen Hund sein, wenn er schon wieder weitergereicht wird? Wir sollten immer auch mal einen Perspektivenwechsel machen und uns überlegen, wie wir uns in der Haut des Hundes, den wir gerne in unser Leben integrieren möchten, fühlen würden. Liebe allein reicht nicht aus, einem Hund ein glückliches Leben zu schenken. Hunde bedeuten Arbeit, mögliche Herausforderungen und verschlingen auch einen guten Teil unseres Einkommens. Wenn wir bereit sind, diesen Weg zu gehen, dann werden wir reich beschenkt! ++

So klappt das zwischen Hund und Kind

Das Verhältnis zwischen Kindern und Hunden verläuft nicht immer reibungslos. Für Kinder gilt: Mit einem Hund kann man nicht einfach alles machen. Pfoten, Augen, Ohren, Nase und Schnauze sind empfindliche Stellen; an Ohren, Rute und Fell darf nicht gezogen werden. Doch auch Hunde dürfen sich zum Spielen nicht grob auf Kinder stürzen. Damit das Zusammenleben funktioniert, gilt es, folgende Regeln zu beachten:

  • Kleinkinder und Hunde nie unbeaufsichtigt lassen. Auch wenn das Tier brav und das Kind vernünftig ist, kann es sein, dass der Hund zum Beispiel bei Schmerzen unvermittelt zuschnappt.
  • Hunde und Kinder lernen gemeinsam. Kinder müssen Stresssignale des Hundes – zum Beispiel: Abwenden des Blickes oder Lefzenlecken – richtig deuten können. Ab etwa acht Jahren können Kinder Umgangsregeln mit einem Hund eigenständig umsetzen. Dazu gehört beispielsweise, dass man schlafende Hunde nicht weckt, Hunde nicht beim Fressen stört, ihnen keine Gegenstände wegnimmt oder sie erschreckt oder bedrängt.
  • Jeder Hund braucht einen Rückzugsort, wo er von niemanden gestört wird. Dem Hund soll beigebracht werden, dass er sich dorthin zurückzieht, wenn es ihm zu viel wird.
  • Kinder sollen Teil des Rudels werden. Dafür braucht es eine stabile und gesunde Rangbeziehung zwischen Besitzer und Hund. Die wichtigsten Kommandos sollen dem Hund auf gewaltfreie und positive Art und Weise beigebracht werden und der Hund muss über einen guten Gehorsam verfügen.
  • Es gilt, Problemsituationen zu vermeiden: Kinderspielzeuge sind keine Hundespielzeuge und umgekehrt. Das Kommando «Aus» versteht und befolgt der Hund. Vieles ist erreicht, wenn die Kinder wissen, wie sie verhindern, dass der Hund in Stresssituationen kommen könnte (siehe Punkt 2).
  • Beim gemeinsamen Spiel sollten Eltern ihre Kinder immer im Blick behalten. Hunde sind keine Stoff- und Kuscheltiere. Grundsätzlich müssen Kindern lernen, das Tier in Ruhe zu lassen. Wenn der Hund auf Lockrufe nicht reagiert, hat er keine Lust, zu spielen.