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Löwenzahn & Co. Vitalstoffe aus der Natur

Auf Wiesen, in Wäldern oder an Gewässern wachsen essbare Pflanzen direkt vor unserer Nasenspitze. Holen Sie sich ein paar dieser Schätze nach Hause: Wildkräuter wie Löwenzahn, Brennnesseln, Bärlauch und Co. bereichern unsere Ernährung und liefern erst noch gratis eine Extraportion Vitalstoffe.

Wilde Heilpflanzen wachsen oft direkt vor unserer Tür und warten nur darauf, wahrgenommen zu werden. Dazu gehört beispielsweise die Brennnessel, die jetzt im zeitigen Frühjahr zwischen den langen, dürren Stängeln vom Vorjahr spriesst. Die wertvollen Inhaltsstoffe sitzen in den jungen, zarten Blättchen und in den unterirdischen Wurzelstöcken. So gelten sowohl Brennnesselblätter (Urticae folium) als auch Brennnesselwurzeln (Urticae radix) als anerkannte Arzneimittel bei Nieren- und Blasenerkrankungen. Jetzt im Frühling werden die Wurzeln gesammelt, später im Jahr dann die Blätter. Durch die «Brennprobe» können Verwechslungen mit anderen Pflanzen leicht vermieden werden. Brennnesseln finden als Wildgemüse, Würze, Tee, Pulver oder als Tinktur Verwendung. Sie wirken entwässernd, antirheumatisch, entzündungshemmend und immunstabilisierend, da die Brennnessel Stoffwechselvorgänge hemmt, die bei der Entstehung von Entzündungen beteiligt sind. Wichtig zu wissen ist, dass die regelmässige Einnahme von Brennnesseln die Wirkung verschiedener Medikamente beeinflussen kann: Brennnesseln können den Blutdruck senken und damit die Einnahme blutdrucksenkender Medikamente verstärken. Da sie auch entzündungshemmend und schmerzlindernd wirken, kann die Einnahme von Schmerzmitteln häufig reduziert werden.

Körpereigene Heilkräfte wecken

Wintermüde Körper können mit Löwenzahn geweckt werden: Seine Blätter regen den Körper zur vermehrten Ausscheidung von Wasser und Salzen an und versorgen ihn gleichzeitig mit Mineralsalzen. Die bitter schmeckende Wurzel ist ein hervorragendes Mittel, um Galle, Leber, Bauchspeicheldrüse und Magen anzuregen und sorgt so für eine bessere Verdauung. Jetzt im Frühling, bevor sich der Blütenstängel mit den gelben Blüten aus dem Inneren der Blattrosette schiebt, sind seine gezähnten Blätter noch mild und genau richtig zum Ernten. Später werden sie zunehmend hart und bitter. Seine geballte Kraft verbirgt der Löwenzahn jedoch tief unter der Erde: Im Frühjahr ist die Konzentration an verdauungsfördernden Bitterstoffen in der tief reichenden Pfahlwurzel besonders hoch. Der Löwenzahn kommt in der Schweiz überall häufig vor: auf nährstoffreichen Wiesen, Weiden, Rasen und Wegrändern. Achten Sie beim Sammeln auf naturnahe, von Menschen nur wenig beeinflusste Standorte! Die jungen Blätter werden als Tee oder als Wildgemüse in Salaten, Suppen und Aufläufen verwendet, die Wurzeln beispielsweise geröstet als Kaffee-Ersatz oder fein geschnitten und gebraten als bitteres Wildgemüse. Zur Anregung des Stoffwechsels und zur Blutreinigung wird der Löwenzahn seit alters her für Frühjahrskuren, gegen Hautkrankheiten, Blutarmut, rheumatische Erkrankungen sowie bei Gastritis und mangelhafter Fettverdauung verwendet. Dabei macht man sich sowohl seine harntreibenden als auch seine verdauungsanregenden Eigenschaften zunutze und stärkt den Körper gleichzeitig mit Mineralstoffen und Vitaminen.

Grundsätzlich sind alle Teile des Löwenzahns essbar, selbst der Milchsaft in den Blütenstängeln ist ungiftig. Allerdings können grössere Mengen bei empfindlichen Menschen zu Magen-Darm-Problemen führen. Löwenzahn lässt sich vielseitig verarbeiten und kann sowohl in der Küche als auch für die Herstellung von Naturkosmetik verwendet werden. Ein beliebtes Rezept ist beispielsweise der Löwenzahnsirup (siehe Kasten), der auch als Basis für ein fruchtig-herbes Salatdressing verwendet werden kann.

Bärenkräfte dank Bärlauch?

Pflanzen, die Bärennamen tragen, spricht man Bärenkräfte zu. Kein Wunder, denn die lauchartige Pflanze enthält mehr Vitamin C als Orangen oder Peperoni. Zudem enthält sie viel Eisen, Magnesium, Chlorophyll und Allicin – alles Vitalstoffe, die dem Immunsystem zugutekommen und die Abwehrkräfte stärken. Allicin, das übrigens für den typischen milden Knoblauchgeruch verantwortlich ist – wirkt entzündungshemmend und antibiotisch. Deshalb kommt es oft als «natürliches Antibiotikum» gegen Bakterien- und Pilzinfektionen zum Einsatz. Früher wurden zerriebene Bärlauchblätter auch als Wundauflage eingesetzt. Wer selbst in den Wald geht, um Bärlauchblätter zu ernten, muss darauf achten, sie vor dem Aufbrechen der Blütenknospen zu pflücken, denn anschliessend nehmen sie einen eher unangenehmen Geschmack an. Achtung: Die jungen Bärlauchblätter ähneln denen von Maiglöckchen und Herbstzeitlosen, zwei giftigen Pflanzen. Da eine Verwechslung im schlimmsten Fall sogar tödlich enden kann, erntet man die Pflanze nur, wenn man sich absolut sicher ist. Im Frühling wird Bärlauch natürlich auch auf dem Markt oder im Supermarkt angeboten. Verwendet werden die jungen Blätter als Zutat für Salate, Smoothies, Suppen, Saucen, Pesto oder als Dip in einem Kräuterquark. Nur gekocht wird Bärlauch nicht, da durch die Hitze der milde Knoblauchgeschmack verloren geht.

Ausflug in die Geschichte

«Alles, was wir brauchen, um gesund zu bleiben, hat uns die Natur reichlich geschenkt», soll einst Sebastian Kneipp (1821 – 1897), Kräuterpfarrer und Namensgeber der Kneipp-Medizin, gesagt haben. Doch natürlich war er nicht der Erste, der dies erkannt hat. Bereits die Steinzeitmenschen kannten Heilpflanzen. So fand man an rund 50 000 Jahre alten Zähnen der Neandertaler neben Spuren von Wildgräsern, Wurzeln und Knollen auch Reste von Heilpflanzen wie Schafgarbe und Kamille. Archäologische Funde wie Mörser und Reibschalen zeugen davon, dass die Menschheit bereits seit Tausenden von Jahren die Pflanzen zur Förderung der Gesundheit, zu Heilzwecken und als Genussmittel nutzt. In alten Kulturen gibt es Überlieferungen von pflanzlichen Getränken, ob als heilige Kräutermischung für zeremonielle Zwecke oder als Tee zum Genuss. In die Zeit vor rund 1500 bis 1000 Jahren fällt beispielsweise auch die Gründung erster Klostergärten mit Heilkräutern durch Benediktinermönche. Um 785, während der Zeit Karls des Grossen, wurde das «Lorscher Arzneibuch» mit 482 Rezepturen verfasst, das als ältestes erhaltenes Buch zur Klostermedizin gilt. Hildegard von Bingen (1098 – 1179) ergänzte mit ihrer «Physica» das bis dahin durch eher mediterrane Heilkräuter geprägte Klostergartenwissen um mitteleuropäische Heilpflanzen. Mit der Erfindung des Buchdrucks hatte Wissen, auch das um die Heilpflanzenkunde, plötzlich eine Chance, sich rasant in der Bevölkerung auszubreiten. Und mit der Entdeckung des Seeweges nach Amerika 1492 wurden zunehmend Heilpflanzen aus Übersee und aus anderen Kontinenten importiert. Die traditionelle Pflanzenheilkunde geht also auf uralte Erfahrungen und schriftliche Überlieferungen zurück und bildet die Grundlage für die moderne Phytotherapie – den Einsatz pflanzlicher Arzneimittel – zur Behandlung von Krankheiten und zur Linderung von Beschwerden.

Anwendung und Wirkung

Für alle, die selbst Heilpflanzen sammeln und zubereiten möchten, ist es wichtig zu wissen, wie diese verwendet werden und wie sie wirken. Denn zur Durchführung von Behandlungen können Pflanzen und deren Teile (wie Wurzeln, Blätter, Blüten oder Samen) sowohl frisch als auch getrocknet verwendet werden. Auch die Verabreichungsform pflanzlicher Mittel ist variabel: Zur inneren Anwendung kommen über den Mund eingenommene Tees, Tinkturen, Tabletten, Kapseln oder Säfte zum Einsatz, zur äusseren Anwendung können aus Heilpflanzen Salben, Cremen, Umschläge, Wickel oder Badezusätze hergestellt werden. Viele Pflanzen enthalten ätherische Öle. Diese aromatischen und fettlöslichen Stoffgemische können auch als Inhalat (über die Schleimhäute von Nase und Bronchien) in die Körperzellen geschleust werden. Die Wirkung ätherischer Öle ist vielfältig. Die einen wirken antimikrobiell, d. h. sie hemmen die Entwicklung von Bakterien, Viren und Pilzen (z. B. Thymian- oder Nelkenwurzöl), entzündungshemmend (z. B. Kamillen- oder Schafgarbenöl), schleimlösend und auswurffördernd (z. B. Thymian- oder Fichtennadelöl), verdauungsfördernd und krampf-lösend (z. B. Minze- oder Beifussöl), beruhigend, stimmungsaufhellend und anregend (z. B. Baldrian- oder Minzöl) oder harntreibend und entwässernd (z. B. Wacholder- oder Goldrutenöl).

Rezept Löwenzahnsirup