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Lernen ist Balsam für die Seele

Der Begriff «Lernen» ist etwas angestaubt und wird oftmals mit der Schule in Verbindung gebracht. Dadurch hat es dieser Begriff schwer, da er häufig mit Leistungsdruck verbunden wird. Dieser Zusammenhang zwischen Lernen und Schule wird dieser Fähigkeit jedoch in keiner Weise gerecht. Lernen umfasst viel mehr als nur den Schulstoff. Denn obwohl die Schule ein Ort des Lernens ist, gibt es noch eine Vielzahl anderer Lernorte und Lernmöglichkeiten. Genau hingeschaut, ertappen wir uns sogar dabei, dass wir gerne lernen, halt nur nicht immer das, was andere von uns verlangen oder erwarten.

Bild:©Jaromir Chalabala/shutterstock.com

Zum Lernen gezwungen

Gerade die aktuelle Zeit mit Corona verlangte von uns eine ständige Anpassung an neue Gegebenheiten. Wir wurden zum Lernen gezwungen, da wir nicht nur eine neue Situation haben, sondern auch ständig wechselnde Bestimmungen. Einige sind obligatorisch, andere wiederum nur Empfehlungen.

Diese Regeln greifen auch in unser Privatleben, wie beispielsweise die Personenbeschränkungen oder Freizeiteinrichtungen, die anders als gewohnt funktionieren. Über Jahre haben wir uns an unsere Abläufe gewöhnt, unsere Arbeit und Freizeit aufeinander abgestimmt und plötzlich war alles anders. Wie gehen wir damit um? Etwas, was man jahrelang, vielleicht sogar jahrzehntelang gemacht hat, kann man nicht auf einen Schlag beenden. Also lernen wir, mit der Situation umzugehen. Wir müssen dies tun, ob wir möchten oder nicht. Wir suchen Alternativen, machen uns Gedanken dazu, was und in welcher Form noch möglich ist. Wer möchte, findet einen Weg, auch wenn die Form verändert werden muss.

Mit unserem Privatleben ist es jedoch nicht getan, auch die Arbeit wurde in vielen Branchen stark verändert. Alle Jobs, die in einem Büro gemacht werden, mussten ins Homeoffice wechseln. Chefs, die die Anwesenheit ihrer Arbeiter bevorzugen, mussten ihre Leute ins Homeoffice schicken. Dort war man mit einer neuen Arbeitsweise und neuen Gegebenheiten konfrontiert. Vielleicht kam noch die Kinderbetreuung dazu und für die ganze Umstellung hatten wir nur wenige Tage Zeit. Wir mussten schnell lernen.

Restaurants, die über Jahren den Service im Haus optimiert hatten, mussten auf Take-away umstellen und das auf unbestimmte Zeit. Vielleicht passte Take-away überhaupt nicht in ihr Konzept. Doch ohne Wahlmöglichkeit musste schnell gelernt werden. Der ganze Verkauf verlagerte sich in die digitale Welt, obwohl man schöne Ladenlokale besitzt, den direkten Kontakt zu den Kunden schätzt und das Personal entsprechend ausgebildet ist. Allgemein wurde die Digitalisierung seit dem Ausbruch des Virus im Eiltempo vorangetrieben. Man konnte sich dieser Situation kaum mehr verschliessen.

Meistens anstrengend

Und wieder sind wir am Lernen; nämlich mit all den neuen Situationen umzugehen. Das alles ist die Art des Lernens, die mit der Arbeit zu tun hat. Es ist meist anstrengend, man verfolgt Ziele, hat Zeitdruck und muss es tun.

Es gibt zum Glück noch ein anderes Lernen. Das lustvolle, spannende Lernen in der Freizeit. Damit meine ich das Lernen eines Instrumentes, das einem Freude bereitet. Den Genuss von etwas Essbarem, was man selbst hingekriegt hat. Neue Fähigkeiten wie Nähen oder Zeichnen, welche schöne Produkte hervorbringen. Oder die pure Freude an einem neuen Spiel.

Nutzen Sie Lernen für die magischen Momente im Leben. Lernen als Genuss, Lernen als Entspannung und als Türöffner für die schönen Dinge dieser Welt. Gerade in der jetzigen Zeit ist dies Balsam für die Seele.

Dieser Artikel ist erstmals im Einsiedler Anzeiger erschienen.

Michael Berger ist schulischer Heilpädagoge und Lernberater mit Erfahrung auf allen Schulstufen. Mit seinem Angebot auf www.gezielt-lernen.ch wendet er sich an Eltern, Lehrpersonen und Lehrlingsbetriebe und bietet Unterstützung bei Lernschwierigkeiten an.