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Bevor Sie losknipsen, diese Regeln kennen

Plötzlich ist der langersehnte erste Schultag da, und mit ihm ist die Freude bei Kind und natürlich Eltern gross. Die besonderen Momente werden digital festgehalten – doch dabei bleibt es häufig nicht. Die Bilder werden gepostet, verschickt, veröffentlicht. Ist das überhaupt erlaubt? Nicht in jedem Fall.

Bild: fizkes/shutterstock.com

Der Schulthek ist seit Monaten ausgesucht, das Etui liegt parat, die Kindergartenzeit verabschiedet. Nun wartet der nächste grosse Meilenstein: der erste Schultag. Kein Wunder, steigt die Nervosität der Kinder – schliesslich ist nicht ganz klar, was sie erwarten wird. Und auch bei den Eltern ist da einerseits natürlich die Freude, andererseits vielleicht auch ein wenig Wehmut mit dabei. Erst gerade noch aus den herzigen Stramplern herausgewachsen, wirkt der Schulranzen im Vergleich zum schmächtigen Kind übergross. Klar, dass von diesem speziellen Tag eifrig Fotos gemacht werden. Handy sei Dank bleibt es nicht nur beim Aufnehmen. Schliesslich müssen auch Familienangehörige, Freunde, Verwandte und natürlich jeder Bekannte darüber informiert werden. Weshalb also nicht gleich ein Status setzen?

Vorsicht! Denn es gilt das Recht am eigenen Bild. Das Persönlichkeitsrecht bedeute, dass jede abgelichtete Person selber darüber entscheiden dürfe, was mit den Bildern und Videos passiere, so Daniel Betschart, Programmverantwortlicher Medienkompetenz bei der Stiftung Pro Juventute. «Dieses Recht kann durch eine unerlaubte Veröffentlichung eines Bildes verletzt werden.» Solange Kinder nicht urteilsfähig sind, dürfen Eltern darüber entscheiden, ob sie ein Foto veröffentlichen. Experten raten jedoch dazu, das Kind in jedem Falle vorher zu fragen – ob sie ein Foto gelungen finden oder nicht, das können nämlich schon jüngere Kinder entscheiden. «Unsere Empfehlung ist, die Privatsphäre von Kindern zu schützen und Kinderbilder somit nicht öffentlich zu posten – und wenn, dann nur auf privaten Accounts», so Betschart weiter. Je früher damit begonnen werde, desto besser. «So gewöhnen sich die Kinder auch daran, andere zu fragen.»

Und dies ist oftmals nötig. Denn: In einer Klasse sitzt natürlich nicht nur das eigene Kind. Die Eltern des Banknachbars finden es vielleicht nicht wirklich toll, wenn plötzlich ihr Kind von einem anderen Vater oder einer Mutter abgelichtet wird – und das Foto anschliessend noch in den sozialen Medien landet. Dieser Fall kann unter Umständen problematisch werden, fasst es Betschart zusammen. «Grundsätzlich muss man Personen fragen, ob man ein Bild von ihnen machen darf.»

Doch nicht nur am ersten Schultag wird fleissig geknipst und gepostet, sondern beispielsweise auch am Fussballturnier oder an der Turnaufführung. Nicht alle Eltern wollen aber ihre Schützlinge in einem (fremden) Status sehen. Wie kann man da also reagieren, wenn beispielsweise der Bekannte Fotos veröffentlicht, auf welchen nicht nur seine, sondern auch die eigenen Kinder abgelichtet sind? «Natürlich kann man verlangen, dass die Fotos gelöscht und nicht öffentlich gezeigt werden», so Betschart. «Man darf sich wehren – insbesondere, wenn vom eigenen Kind ein ungünstiges, peinliches oder schädigendes Bild gezeigt wird.» Je nach Situation und Ausmass der Verletzung des Persönlichkeitsrechts könne auch eine Klage eingereicht werden. Damit es aber gar nicht so weit kommt, ist in jedem Falle anzuraten, die Eltern vorher anzufragen – und nicht einfach wahllos zu teilen, weiterzuleiten oder zu posten. Und erst recht nicht, wenn sich fremde Kinder auf dem Bild befinden.

Ähnlich soll es auch in Gruppenchats gehandhabt werden. Eltern kennen die oftmals leidige Situation: Der Sohn ist im Fussballclub, die Tochter im Turnverein, es soll ein Abschiedsgeschenk für die Lehrperson organisiert werden – und damit gehen die Nachrichten los: Dass die Tochter der Familie Muster heute wegen Unpässlichkeiten das Training nicht besuchen kann, wird nicht dem Trainer direkt mitgeteilt, sondern im Gruppenchat, damit es jeder lesen muss. Bis das passende Andenken für die Lehrperson gefunden wird, können gut und gerne gefühlte 978 Nachrichten vergehen. Da kann das Nervenkostüm schon einmal flattern. Betschart erklärt, dass es sinnvoll ist, so wenig persönliche Informationen und Daten wie möglich weiterzureichen. «Und in jedem Fall gelten auch in Gruppenchats oder auf Social Media Anstand und Respekt.» Wer auf Nummer sicher gehen möchte: Bei gewissen Apps, wie beispielsweise WhatsApp, lässt sich einstellen, dass man nicht von jeder Person, sondern nur von ausgewählten eigenen Kontakten in einen Gruppenchat hinzugefügt werden kann.

Wie sollen Eltern, Grosseltern und Freunde vernünftig mit Fotos der Kinder umgehen? Daniel Betschart mit folgenden Tipps:

  • Machen Sie es sich zur Gewohnheit, Ihr Kind erst zu fragen, ob es möchte, dass andere Leute dieses Foto sehen. Bereits Vierjährige wissen, ob ihnen ein Bild gefällt oder nicht. Wichtig ist, dass Kinder frei entscheiden dürfen und ihr Wunsch respektiert wird.
  • Überlegen Sie sich sorgfältig, welche Bilder Sie von Ihren Kindern ins Netz stellen. Fragen Sie sich, wie Ihr Kind das Bild bewertet, wenn es älter ist. Könnte es sein, dass Ihr Kind vielleicht später wegen des Bildes von Schulfreundinnen, Schulfreunden ausgelacht oder gar gemobbt wird?
  • In sozialen Netzwerken sind auch eingegrenzte Gruppen keine Garantie, dass Inhalte nicht weiterverbreitet werden. Denken Sie vor dem Posten stets daran, dass im Internet auch gelöschte Bilder nie ganz verschwinden und Sie die Kontrolle über ein Bild schnell verlieren.