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Alternative Kindergartenmodelle: Steiner-Schulen & Co.

Die meisten Eltern in der Schweiz vertrauen ihre Kinder einem öffentlichen Kindergarten an. Aber es gibt Alternativen. Wir stellen die wichtigsten Kindergartenmodelle vor.

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Öffentlicher Regelkindergarten

Vorbereitung auf die Volksschule

Nach der industriellen Revolution wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts erste Kindergärten nach pädagogischen Grundsätzen ins Leben gerufen. Heute ist in der Schweiz der Kindergarten ein Teil des Schulwesens. In den meisten Kantonen besteht ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenbesuch von einem bis drei Jahren. Gegenwärtig gehen hierzulande die meisten Kinder im 5. und 6. Lebensjahr in den Kindergarten. Zurzeit sind erhebliche Veränderungen im Gange. Im Zusammenhang mit den sich verändernden Gesellschafts- und Familienstrukturen werden in vielen Gemeinden Blockzeiten eingeführt, und die Zahl der sogenannten Tageskindergärten, in denen die Kinder über Mittag zum Essen bleiben können, nimmt zu. Zudem beteiligen sich viele öffentliche Kindergärten an speziellen Projekten besipielsweise als Spielzeug freier Kindergarten (siehe nachstehend).

Leitgedanken: Der Kindergarten fördert die sozioaffektive, psychomotorische und kognitive Entwicklung der Kinder und bereitet sie auf den Schuleintritt vor. Dies geschieht ohne systematische Leistungsbeurteilung und ohne Selektion. Die Kinder werden gemäss ihrem Entwicklungsstand und ihren Bedürfnissen gefördert. Betont werden die Entwicklung der Selbstständigkeit sowie Selbst-, Sozial- und Sachkompetenzen. Die Kindergartenlehrpläne gehen von gleichen Grundlagen und Bildungszielen aus wie die Lehrpläne der Primarstufe. Sie heben jedoch eine ganzheitliche, fächerübergreifende, am Entwicklungsstand des Kindes orientierte Bildung hervor. Der Unterricht der Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen) ist den Lehrplänen der Primarstufe vorbehalten. Im Kindergarten werden jedoch entsprechende Fertigkeiten vorbereitend eingeübt. Die Sprachregionen sind daran, neue sprachregionale Lehrpläne für die obligatorische Schule inklusive Kindergarten zu entwickeln und einzuführen. Die Beurteilung im Kindergarten erfolgt ohne Ziffernnoten. Als Instrumente für die Beurteilung werden Beobachtungsbogen und Elterngespräche eingesetzt. Die Kantone legen die Anzahl Lektionen pro Woche fest. Mit Blockzeiten oder Tagesstrukturen (zum Beispiel Mittagstisch, Tagesschule) leisten die Kantone und ihre Gemeinden einen Beitrag dazu, dass die Organisation der familiären Kinderbetreuung namentlich für berufstätige Eltern einfacher wird. Die Grund- und Basisstufe sind Organisationsformen, welche den Kindergarten und die ersten Primarstufenjahre stärker verbinden. Die Kantone entscheiden darüber, wie sie die ersten Schuljahre organisieren (Kindergarten, Grund- oder Basisstufe). Im Regelkindergarten nimmt die Sprachförderung einen zentralen Stellenwert ein. Fremdsprachige Kinder werden zusätzlich mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) gezielt gefördert. Wichtig zu wissen: In der Volksschule besteht keine Schulwahl, das heisst, Eltern können nicht entscheiden, in welchen der öffentlichen Kindergärten sie ihr Kind geben wollen, sondern bekommen eine Zuteilung. Natürlich kann man ein Gesuch für eine Umteilung stellen, dies ist allerdings nicht die Regel und wird nur mit sehr guten Gründen bewilligt.

Kosten: Der Besuch der öffentlichen obligatorischen Schule (inklusive des Kindergartens) ist für alle Kinder unentgeltlich. Informationen: Alle Städte und Ge-meinden verfügen über öffentliche Kindergärten.

Spielzeugfreier Kindergarten

Spielen ohne Spielzeug

Die Idee für das Suchtpräventionsprojekt „Spielzeugfreier Kindergarten“ stammt aus Deutschland und ist eines der profiliertesten suchtpräventiven Ansätze im Kindergartenbereich. Es ist mittlerweile zunehmend international anerkannt. Auch an einigen öffentlichen Kindergärten in der Schweiz setzt es entscheidende Impulse für eine sinnvolle Gesundheitsförderung.

Leitgedanken: Im Projekt „Spielzeugfreier Kindergarten“ werden für einen Zeitraum von 10 bis 12 Wochen sämtliche vorgefertigten Spielsachen und auch Spielangebote entfernt. Dies bietet die Möglichkeit, eine Situation zu schaffen, in welcher Kinder Erfahrungen mit ihren Fähigkeiten und Grenzen machen können. Die Ziele des Projekts sind:

  • Erweiterung der sozialen und -kognitiven Kompetenzen
  • Lernen, mit Langeweile umzugehen
  • Kreativität entwickeln und lernen, -Ideen umzusetzen
  • Lernen, Differenzen auf konstruktive Art auszutragen

Wichtig: Spielzeugfrei heisst nicht spielfrei, im Gegenteil! In der spielzeugfreien Zeit spielen die Kinder sehr intensiv, sie bestimmen selber, was und wann. Sie dürfen dazu Kisten, Tücher, Stühle, Tische etc. benutzen.

Kosten: Das Projekt „Spielzeugfreier Kindergarten“ wird in den meisten Fällen von den kantonalen beziehungsweisen regionalen Suchtpräventionen begleitet.

Info: Bei den kantonalen oder regionalen Suchtpräventionsstellen, www.spielzeugfreierkindergarten.de

Alternative Kindergartenmodelle

Steiner Schulen – das Kind im Zentrum

Rudolf Steiner wurde 1861 in Österreich geboren, studierte Natur- und Geisteswissenschaften in Wien und gründete 1919 die erste Waldorfschule in Stuttgart. Die Idee dazu ging von Emil Molt aus, dem fortschrittlich gesinnten und sozial engagierten Besitzer der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik, der eine Schule für die Kinder seiner Arbeiter errichten wollte. Inhalt und Methode der Steiner-Pädagogik beruhen auf Gesetzmässigkeiten der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Neben der Pädagogik fanden Steiners geisteswissenschaftliche Forschungen auch Eingang in die biologisch-dynamische Landwirtschaft, die Medizin und die Kunst.

Leitgedanken: Die Steiner Schulen stellen das Kind ins Zentrum und orientieren ihren Lehrplan konsequent an seiner Entwicklung. Sie unterrichten Kinder mit unterschiedlichen Begabungen wie an den staatlichen Regelschulen auch, nur dass hier neben intellektuellen Fähigkeiten gleichgewichtig auch soziale, künstlerische und handwerkliche Fähigkeiten angesprochen werden. In der Schweiz bestehen 35 Rudolf Steiner Schulen und 75 Kindergärten, die von rund 6600 Schülerinnen und Schülern aus 3800 Familien besucht werden. Lernen bedeutet für Kinder im Kindergartenalter: Gehen, Springen, Klettern, Balancieren, Seilhüpfen, Graben und Sandburgen bauen, es bedeutet aber auch Malen, Kneten und Gemüse schnippeln und dabei die eigene Fingerfertigkeit schulen und die Feinmotorik entwickeln. Das freie Spiel als fundamentale kreative und soziale Lernerfahrung, die Körperbewegung und Sinneswahrnehmung werden hoch gewichtet und intensiv erforscht. Das Spiel liegt in der Regie der Kinder, die so selbsttätig ihren Lern- und Entwicklungsweg bestimmen. Von Anfang an gehören jedoch auch geführte Spiele, Reigen und Eurythmie als soziale Körper- und Raumerfahrung zum Unterrichtsangebot.

Kosten: Das Schulgeld ist auf das Einkommen der Eltern abgestimmt; es gibt grosse regional bestimmte Unterschiede (Tessin, Westschweiz, Zürich usw. Info: www.steinerschule.ch

Montessori – Selbstbewusstsein fördern

Dr. Maria Montessori war Ärztin, Anthropologin und international anerkannte Pädagogin. Sie beobachtete, dass bereits das kleine Kind einem inneren Drang zur Selbstverwirklichung folgt. „Hilf mir, es selbst zu tun“ ist ein wichtiger Leitsatz der Montessori-Pädagogik.

Leitgedanken: Das Kind wählt seine Arbeit frei und lernt dadurch in einer altersgemischten Gruppe, seine eigenen Interessen wahrzunehmen und die Interessen der anderen zu respektieren. Die Kindergärtnerin führt das Kind ins Lernmaterial ein. Sie beobachtet und hilft gezielt, wo Hilfe nötig ist. Die eigentliche Erziehung geschieht durch die Umgebung und den Einsatz der aussergewöhlichen Montessori-Materialien, die den natürlichen Entdeckungsdrang der Kinder fördern. Ziel ist die individuelle Entwicklung der Persönlichkeit, des Selbstbewusstseins, Unabhängigkeit, Kreativität sowie die Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Einordnung in eine Gruppe. Montessori-Einrichtungen müssen einem detaillierten Kriterienkatalog genügen, welcher den internationalen Montessori-Standards folgt. Mit der Überprüfung will die Assoziation Montessori Schweiz (AMS) die Qualität der Kinderhäuser und Schulen in der Schweiz sichern.

Kosten: Zum Besipiel für 5 Tage pro Woche/im Monat Fr. 1500.- inklusive Mittagessen. Info: www.montessori-ams.ch

Globegarden – individuelle Lösungen

Die kcc group ist ein Bildungsunternehmen und betreibt unter dem Namen „globegarden“ zweisprachige Kindertagesstätten in der Schweiz. Die Organisation ist spezialisiert auf den Aufbau von Kinderkrippen und Kindergärten zusammen mit Gemeinden und Unternehmen an arbeitsplatznahen Standorten wie Gewerbeparks, Business Centers oder Kliniken. Die Kinderkrippen und Kindergärten sind gemeinnützig und nicht gewinnorientiert geführt. Zusammen mit der Unterstützung von grossen Unternehmen ist es das Ziel der Organisation, qualitativ gute Ganztagsbetreuung zu akzeptablen Preisen anzubieten. Globegarden ist schweizweit der erste Betreiber, der für sein Qualitätsmanagement basierend auf ISO 9001 zertifiziert wurde und das Gütesiegel „International Education Excellence“ verliehen bekommen hat. Die pädagogische Grundhaltung des Bildungsunternehmens ist geprägt von sprachlicher Frühförderung im Elementarbereich und berücksichtigt neben der Persönlichkeitsentwicklung die soziale, emotionale, kognitive und kinästhetische Entwicklung ab dem Säuglingsalter.

Leitgedanken: Globegarden steht für Qualität, Frühförderung sowie die verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ziel ist es, innovative Wege zu finden, die Kindern, Familien und Unternehmen helfen zusammenzuarbeiten und ihr Bestes zu erreichen. Globegarden bietet an vielen Standorten neben Kinderkrippen auch einen öffentlich-rechtlich anerkannten Kindergarten an. Für die Kinder hat das den Vorteil, dass sie vom Babyalter über den Kindergarten bis zur Einschulung in die Primarschule im gleichen, vertrauten Umfeld betreut werden können. Für die Eltern hat es den Vorteil, dass sie nicht zwischen Kindergarten und Kinderhort hin und her wechseln und ganz ohne Sorgen weiterhin von den langen Öffnungszeiten profitieren können.

Kosten: Ab 1140.- bis rund 2500.- Franken monatlich, je nach Standort und Betreuungszeiten (5 Tage inklusive Hort und Mittagessen, maximal von 7 bis 19 Uhr). Info: www.globegarden.ch oder www.facebook.com/globegarden

Waldkindergarten – Natur im Vordergrund

Die Idee kam von Dänemark über Deutschland zu uns in die Schweiz, wo es ebenfalls einige Waldkindergärten gibt.

Leitgedanken: Auch hierzulande macht seit einigen Jahren eine attraktive Form des Kindergartens von sich reden: der Waldkindergarten, der das ganze Jahr über bei jedem Wetter draussen stattfindet. Fünfmal pro Woche lässt er Wald, Feld, Wiese und Wasser für eine Schar von fünf- bis siebenjährigen Kindern zum Erfahrungs- und Erlebnisraum werden. An drei bis vier Stunden pro Tag erkunden die Kinder die Natur, erleben die vier Elemente und den Wechsel der Jahreszeiten über alle ihre Sinne, spielen mit Naturmaterial, können ihren natürlichen Bewegungsdrang stillen, üben sich im Umgang mit Pflanzen, Tieren und Menschen. Die Waldkindergärten richten sich, wie die Regelkindergärten, nach den allgemeinen Kindergarten-Bildungszielen und dem vom Kanton vorgegebenen Kindergarten-Lehrplan. Die Schulreife nach zwei Jahren erreichen die Kinder im nötigen und geforderten Umfang auch bei diesem Modell problemlos. Natur- und bildungsbezogene Angebote wechseln sich mit dem freien Spiel ab. Die Bewegung in der Natur und die intensive Beschäftigung mit ihr fördern die körperliche und geistige Entwicklung. Die natürliche Umgebung ohne Reizüberflutung und das soziale Miteinander tragen zur emotionalen Entwicklung bei. Der Aufenthalt im Freien, bei Wind und Wetter so gut wie bei Sonnenschein, stärkt die körperliche und die psychische Widerstandskraft der Kinder.

Kosten: verschieden, je nach Wohnort. Info: www.waldkindergarten.ch